Wem gehört das Vereinsheim in der Kleingartenanlage? Diese Frage entzweit oft Pächter und Verpächter, betrifft sie doch nicht nur den erlaubten Umfang der Nutzung. Relevant wird diese Frage auch dann, wenn bei Beendigung des Generalpachtvertrages über eine Kleingartenanlage Abriß oder Ablöse für das Gebäude verlangt wird.
1. Scheinbestandteil
Zunächst einmal gilt der Grundsatz des § 94 BGB, wonach zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Gebäude gehören. Was aber wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden ist, gehört nach § 946 BGB dem Grundstückseigentümer. Es kommt dann also nicht mehr darauf an, wer das Gebäude errichtet hat. Ein Grundstückspächter sollte sich also tunlichst vorsehen, ohne besondere Vereinbarungen mit dem Verpächter auf eigene Kosten Gebäude auf dem Pachtgrundstück zu erreichten.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden solche Gebäude, die nach § 95 BGB nur als sog. Scheinbestandteile gelten. Sie sind nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und bleiben damit im Eigentum des Erbauers.
2. Lauben im Kleingarten
In Kleingartenanlagen werden typischerweise auf jeder Parzelle Lauben errichtet. Dabei handelt es sich meist um einfach aufzustellende Holzhäuschen ohne Keller oder Strom- und Wasseranschluß.
Für Lauben in einer Kleingartenanlage, für die das Bundeskleingartengesetz gilt, ist in § 3 BKleingG sogar geregelt, daß sie nur in einfacher Ausführung und mit einer Grundfläche von höchstens 24 m² inkl. Freisitz erlaubt sind. Bei solchen Lauben handelt es sich regelmäßig um Scheinbestandteile. Sie werden nur für die Dauer des Pachtverhältnisses aufgestellt und müssen bei Rückgabe auch wieder entfernt werden — es sei denn, Verpächter und Pächter einigen sich anders. Kündigt der Verpächter gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2–6 BKleingG, hat der Pächter zudem Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung für seine Laube.
Der BGH hat mit Urteil vom 11.4.2013 — III ZR 249/12 klargestellt, daß Baulichkeiten die von einem Pächter auf seiner Parzelle fest errichtet werden, vermutlich mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 BGB dort stehen sollen. Darum gehen Lauben als bloße “Scheinbestandteile” nicht gemäß §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Verpächters über.
Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Gebäudes oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet. Hierfür ist vielmehr erforderlich, daß der Pächter bei der Errichtung den Willen hat, die Laube bei Beendigung des Pachtvertrags in das Eigentum des Verpächters fallen zu lassen. Das ist bei Lauben in einer Kleingartenanlage regelmäßig nicht der Fall.
3. Vereinsheim in der Kleingartenanlage
Viele Kleingartenanlagen verfügen über Vereinsheime. Dabei kann es sich durchaus um stattliche Gebäude handeln, die zum Teil nicht nur als Versammlungsort für die Kleingärtner dienen. Zum Teil werden dort auch Gastwirtschaften betrieben, die für die Öffentlichkeit und nicht nur für Vereinsmitglieder zugänglich sind. Manche dieser Gebäude wurden bereits zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts errichtet, als das Kleingartenwesen für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln noch von großer Bedeutung war. Die meisten heute vorhandenen Vereinsheime dürften allerdings auch schon in den 1960er Jahren errichten worden sein.
Eigentümer und Verpächter der Kleingartenanlagen war anfänglich meist die Deutsche Reichsbahn und später die Deutsche Bundesbahn und ab 1993 das Bundeseisenbahnvermögen. Diese fungierten als Verpächter der Kleingartenanlagen. Pächter war meist der Bahn-Landwirtschaft Hauptverband e.V. als betriebliche Sozialeinrichtung der Deutschen Bahn und des Bundeseisenbahnvermögens, der sodann die Unterverpachtung an die eigentlichen Kleingärtner übernahm.
Das OLG München hat mit Urteil vom 6.4.2017 — 32 U 4844/15 befunden, daß man in einem solchen Fall nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, daß das Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet und damit als Scheinbestandteil zu qualifizieren sei. Wenn eine Konzerntochter ein Gebäude auf einem Grundstück der Konzernmutter errichte, sei sie in ihrer Willensbildung nicht vollkommen frei, sondern von der Konzernmutter abhängig. Daher obliegt die Beweislast dafür, ob das Vereinsheim ursprünglich nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet worden sei, dem Pächter. Dieser Beweis dürfte regelmäßig desto schwerer zu führen sein, desto länger die Errichtung des Vereinsheims zurückliegt.
Nach Ansicht des Amtsgerichts München (Urteil vom 12.7.2019 — 142 C 18850/18) spricht eine Vermutung dafür, daß Baulichkeiten und Anlagen eines Pächters bei Fehlen besonderer Vereinbarungen nun im Interesse des Pächters und nur für die Dauer des Pachtverhältnisses errichtet werden. Sie dienen dann nur einem vorübergehenden Zweck i.S.d. § 95 BGB und stellen lediglich einen Scheinbestandteil dar.
Diese Vermutung läßt sich nicht unter Verweis auf die Bauart des Vereinsheims entkräften. Zu vorübergehenden Zwecken dient nicht nur ein Gebäude mit festem Sockel (Urteil des LG München I vom 17.1.2019 — 31 O 11109/18). Auch bei massiver Bauart oder langer Vertragsdauer ist von einem vorübergehenden Zweck auszugehen, wenn der Pächter bei Errichtung nicht den Willen hat, das Gebäude bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Verpächters übergehen zu lassen (Hinweisbeschluß des OLG München vom 2.7.2019 — 32 U 1909/19).