Viele Mieter meinen, schon kurz nach ihrem Auszug müsse der Vermieter die Kautionsrückzahlung vornehmen. Allerspätestens müsse das sechs Monate nach dem Auszug geschehen. Eine solche feste Abrechnungsfrist gibt es aber nicht (s. Urteil des BGH vom 24.7.2019 — VIII ZR 141/17).
1. Fälligkeit der Kautionsrückzahlung
Der BGH hat mit Urteil vom 20.7.2016 — VIII ZR 263/14 klargestellt, daß die Kaution erst dann zur Rückzahlung fällig ist, wenn
- eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und
- dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, die aus der Kaution zu leisten wären.
Der Vermieter darf sich zunächst einmal in Ruhe vergewissern, daß der Mieter keine Schäden im Mietobjekt verursacht hat. Es ist immerhin möglich, daß bei der Rückgabe des Mietobjekts etwas übersehen und nicht im Übergabeprotokoll eingetragen worden ist. Dem Vermieter steht dann immer noch die Möglichkeit offen, bestenfalls vor dem Einzug der Nachmieter mit Zeugen noch nachzuweisen, welche Schäden er vorgefunden hat. Die Rechtsprechung billigt dem Vermieter für diese Prüfung drei bis sechs Monate zu (Urteil des Amtsgerichts München vom 4.7.2016 — 432 C 1707/16).
Schadenersatzansprüche des Vermieters verjähren gem. § 548 BGB erst sechs Monate nach Rückerhalt des Mietobjekts. Die Frist beginnt laut Urteil des BGH vom 27.2.2019 — XII ZR 63/18 erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter sämtliche Schlüssel zum Mietobjekt zurückerhalten hat. Die Frist kann damit sogar vor dem Ende des Mietvertrages zu laufen beginnen (Urteil des OLG Hamm vom 1.9.2023 — 30 U 195/22).
Wenn der Mieter Schäden nicht behebt, kann der Vermieter gem. § 250 S. 1 BGB Schadenersatz in Geld verlangen und den Abzug von der Kaution geltend machen. Wenn der Schaden aber durch eine Obhutspflichtverletzung des Mieters entstanden ist, kann er den Mieter laut Urteil des BGH vom 28.2.2018 — VIII ZR 157/17 auch sofort zur Kasse bitten. Eine Obhutspflichtverletzung liegt vor, wenn der Mieter die Räume nicht nach § 538 BGB vertragsgemäß gebraucht, z.B. durch sein Wohnverhalten Schimmelbildung verursacht.
2. Aufrechnung
Hat der Vermieter die Schäden beheben lassen, kann er unter Vorlage der Rechnungen eine Aufrechnung mit der Kaution erklären. Alternativ ist auch eine fiktive Schadenbezifferung der Nettokosten unter Vorlage eines Kostenvoranschlags möglich (Urteil des BGH vom 19.4.2023 — VIII ZR 280/21).
In einer solchen Aufrechnung ist dann die Abrechnung zu sehen. Der Vermieter darf dann — auch wenn es sich um eine strittige Position handelt — zunächst einmal auf eine Barkaution zugreifen (s. Urteil des BGH vom 24.7.2019 — VIII ZR 141/17 und 28.10.2020 — VIII ZR 230/19).
3. Vorläufige Kautionsabrechnung
Meist ziehen Mieter aus, bevor die Abrechnungsperiode für die Betriebskosten — meist das Kalenderjahr — abgelaufen ist. Der Vermieter kann dann über die Betriebskostenvorauszahlungen für das laufende Jahr erst abrechnen, wenn ihm sämtliche Rechnungen für dieses Jahr vorliegen. Das kann einige Zeit dauern. Immerhin hat er nach § 556 Abs. 3 S. 2 BGB zwölf Monate Zeit, die Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Er kann in solchen Fällen eine vorläufige Kautionsabrechnung erstellen und dabei einen Einbehalt in Höhe der zu erwartenden Betriebskostennachforderung für das laufende Kalenderjahr machen.
4. Abwohnen der Kaution unzulässig
Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 7.4.2017 — 432 C 1707/16 klargestellt, daß das sogenannte Abwohnen der Kaution — das Nichtbezahlen der letzten drei Mieten — unzulässig ist. Grund dafür ist, daß der Rückzahlungsanspruch des Mieters erst nach Ende des Mietverhältnisses entstehen kann. Darüber hinaus hat das Amtsgericht dem Vermieter eine Abrechnungsfrist von drei bis sechs Monaten zugestanden, deren Länge vom Einzelfall abhängt. Das bedeutet, daß dem Vermieter auch mehr Zeit zur Verfügung stehen kann, wenn ihm die Abrechnung aus bestimmten Gründen noch nicht möglich ist.
5. Offene Betriebskosten
Wenn ein Mieter seine Betriebskostennachforderung nicht begleicht, sollte sich ein Vermieter nicht auf die Kaution verlassen — hier droht eine Verjährungsfalle! Bleibt die Nachforderung zu lange offen, kann sie verjähren. Bestimmte verjährte Forderungen kann man gem. § 216 BGB zwar mit einer Sicherheitsleistung verrechnen. Das gilt aber gem. § 216 Abs. 3 BGB nicht für wiederkehrende Leistungen und als solche ordnet der BGH die jährlichen Betriebskostennachforderungen mit Urteil vom 20.7.2016 — VIII ZR 263/14 ein.
Es ist Vermietern daher zur Vermeidung des Verjährungsrisikos dringend anzuraten, offene Betriebskostennachforderungen im laufenden Mietverhältnis gerichtlich geltend zu machen.